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Allergien, das Mikrobiom und ihr Einfluss auf Lernen, Wahrnehmung und Verhalten

Als ich Ende der 90er Jahre die Ausbildung zur Ergotherapeutin gemacht habe, war in der Pädiatrie die sensorische Integrationstherapie (SI) besonders beliebt. Ich las interessiert alles, was man dazu finden konnte, machte einen SI-Kurs und behandelte daraufhin ebenfalls nach SI.

Was bei der ganzen Sache für mich aber im Dunkeln blieb - wo war denn diese Wahrnehmungsstörung im Gehirn genau zu finden? Ja, wir lernten über die Wahrnehmungszentren im Gehirn und wie sie die Wahrnehmung beeinflussen, aber leider nicht über die Biochemie, das Mikrobiom oder was sonst noch die Wahrnehmungszentren blockieren kann.

Leider kommen diese Zusammenhänge in der Ergotherapie-Ausbildung immer noch nicht vor!

Allergien sind halt nicht unser Fachgebiet und Biochemie auch nicht. Punkt. Thema beendet!? Für mich nicht... 

Ich begab mich sodann in die Ausbildung zur Heilpraktikerin und TCM-Therapeutin und stieg tief in die Naturheilkunde und komplementäre Medizin ein. Ich wollte mehr Zusammenhänge verstehen. Ich konnte nicht glauben, dass z.B. Verhaltenstherapie die einzige Antwort auf AD(H)S sein sollte. Es ist eine wirkungsvolle Therapie, keine Frage und es hilft. Doch es erschien mir wie Kratzen an der Oberfläche. Da musste es noch was geben!

Ich begab mich auf eine lange Reise der Nachforschungen und lernte u.a.:

Dass bei Allergien...

... (und somit erhöhtem Histaminspiegel) die Konzentrationsfähigkeit herabgesetzt ist, die Kinder oft zappelig oder hyperaktiv, und bisweilen impulsiv bis aggressiv verhalten. Die chinesische Medizin nennt das "Hitze". Was passiert im Körper? - Das Histamin verursacht eine Entzündung, diese sorgt für Schwellung und Erwärmung von Geweben - so entsteht der "pathogene Faktor Hitze".

... vermehrt Cortisol ausgeschüttet wird und dieses den Hippocampus blockiert, der für Wahrnehmung und mentale Fähigkeiten zuständig ist.

... dass bestimmte Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder auch Allergien gegen diverse Umweltgifte (z.B. Lack, Schimmelpilzsporen) Kinder u.a. aggressiv machen können, Depressionen, zerstörerisches Verhalten und emotionale Instabilität verursachen können (lt. Prof. Dr. Doris Rapp).

... dass manche Kinder dazu neigen, bestimmte stärkehaltige Nahrungsmittel, Zucker, Gluten oder Milch nicht verarbeiten zu können und diese laut der chinesischen Medizin zu Feuchtigkeitsansammlungen und Schleim führen, der das Gehirn vernebeln kann (brain fog). Diese Kinder erscheinen langsam und schwerfällig im Denken, bisweilen steht das Wort Lernbehinderung im Raum.

... dass manches Mal, wenn eine AD(H)S-Verdachtsdiagnose im Raum stand, beim Allergologen z.B. eine  Hausstaub-, Pollen- oder Tierhaarallergie festgestellt werden konnte und durch deren Behandlung sich die Konzentration verbesserte!

Wie das Mikrobiom und die Darmflora unser Verhalten über die Darm-Hirn-Achse beeinflussen können (Beispiele)...

- Hefepilze im Darm (Candida), die sich von Kohlenhydraten und Zucker ernähren, verwerten Glukose in Form der alkoholischen Gärung. Es ensteht Ethanol und Azetaldehyd, diese können die Funktionen des Magens und der Bauchspeicheldrüse beeinträchtigen, die Darmschleimhaut schädigen, zu Mangelzuständen führen (Vitamine, Mineralstoffe, Aminosäuren), zur Schädigung des Immunsystems, Leberschäden, periphere Nervenschädigung, veränderter Sinneswahrnehmung, Muskelschwäche. Auf emotionaler Ebene verursachen diese Stoffe Verhaltensauffälligkeiten, gestörte Koordination und Sprachentwicklung, Aggression und mehr. (lt.  Dr. Natasha Campbell-McBride).

- Gluten (Klebereiweiß des Weizens) und Kasein (Milcheiweiß) enthalten Opiate, die aus Peptidketten bestehen, die normalerweise (von einem gesunden Darm) in Aminosäuren aufgespalten werden und so problemlos verdaut werden, bei einem Leaky-Gut-Syndrom (poröser Darmwand) aber als ganze Peptidketten (Gluteomorphine und Kasomorphine) ins Blut gelangen können. Sie überwinden die Blut-Hirn-Schranke und wirken im Hirn als Opiat! Symptome sind Energielosigkeit, Müdigkeit und Schläfrigkeit, Beeinträchtigung der Konzentration und des Lernens.

- Bestimmte pathogene Bakterien im Darm produzieren Nervengifte, so z.B. Klebsiellea-Bakterien, die Ammoniak ausscheiden und so u.a. Hyperaktivität, Störungen der Feinmotorik, Konzentrationsschwäche bis zu Persönlichkeitsveränderungen bewirken können. Oder Clostridien, deren toxische Ausscheidungen neben Durchfällen und Darmentzündung auch Autismus verursachen können. (Studie: Impact of Clostridium Bacteria in Children with Autism Spectrum Disorder and Their Anthropometric Measurements)

Wenn man diese Zusammenhänge kennt und erkennen kann, dann kann auch eine gezielte Behandlung erfolgen.

Die Zusammenhänge sind in diesem Artikel, der Verständlichkeit halber, sehr einfach gehalten. In meiner Fachweiterbildung "Ganzheitliche Kindertherapie" könnt Ihr mehr dazu erfahren.

In meinen Behandlungen kommt dieses Hintergrundwissen ebenfalls zum Tragen und ich biete zur Diagnostik auch die passenden Laboruntersuchungen an.

 

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Zum Abschluß noch ein paar Worte von Prof. Dr. Doris Rapp, die ihr Leben der Erforschung der Zusammenhänge von Allergien und Verhalten gewidmet hat. Leider ist sie inzwischen verstorben und ihr Buch ("Ist das Ihr Kind") nur noch antiquarisch erhältlich. Ich empfehle es sehr!

Prof. Dr. Doris Rapp:
"Man kann auf alles Mögliche reagieren. Von Nahrungsmitteln angefangen bis zu Chemikalien. Es gab Kinder, die extrem auf Schimmel reagierten, weil sie in einem Haus mit Schimmel wohnten. Bei manchen waren es nur zwei, drei Nahrungsmittel, andere reagierten auf Nahrungsmittel, Pollen, Chemikalien und auf ihre Haustiere. Man muss es herausfinden, das ist bei jedem Kind verschieden.
Viele Kinder haben schwere Kopfschmerzen, sind total erschöpft. Sie schaffen es kaum noch, in die Schule zu gehen. Ständige Infekte waren oft Anlass, dass die Eltern mit ihren Kindern zu uns kamen.
Muskelschmerzen und Atemwegsbeschwerden sind sehr häufig. Sehstörungen, Tinnitus, Hörstörungen, Epilepsie, Krämpfe und Herzbeschwerden haben wir ebenfalls oft erlebt bei den Kindern. Ja, und dann natürlich hyperaktive Kinder oder solche, die depressiv oder extrem aggressiv wurden, wenn sie mit etwas in Kontakt kamen oder ein bestimmtes Nahrungsmittel gegessen hatten. Kinder, die zur Schule gingen und noch ins Bett machten, weil sie auf bestimmte Nahrungsmittel reagierten. Es gibt sehr viele Auswirkungen, und bei jedem sind sie unterschiedlich."

 

Diese seltenen Aufnahmen berichten eindrucksvoll von ihrer Arbeit (leider nur auf englisch verfügbar). Die  in diesen Sendungen gezeigten Reaktionen der Kinder sind alle sehr extrem und wurden sicherlich deswegen auch für die Fernsehshow ausgewählt. In der alltäglichen Praxis sehe ich aber meist mildere Ausprägungen:

Phil Donahue: Misdiagnosed Allergies with Dr D Rapp MD 1988

Don't Drug Them First - Children, ADHD & Drugs - Dr. Rapp

Barrel Effect - Environmentally Sick Schools by Dr. Doris Rapp