“Regulate, Relate, Reflect, Repair”
Mit dem 4R-Modell Kinder sicher durch Meltdowns begleiten
Das 4R-Modell – Regulate, Relate, Reflect, Repair – stammt ursprünglich aus der Arbeit von Dr. Bruce Perry, einem bekannten amerikanischen Kinderpsychiater und Neurowissenschaftler. Perry hat sich intensiv mit den Auswirkungen von Traumata auf das kindliche Gehirn und die Entwicklung beschäftigt und dabei dieses Modell entwickelt, um Kinder durch gezielte therapeutische Interventionen zu unterstützen. Das Modell basiert auf der Vorstellung, dass das Gehirn schrittweise auf positive Veränderungen reagiert, wenn zuerst das Nervensystem reguliert wird.
Perry fand heraus, dass traumatisierte oder gestresste Kinder nicht direkt mit kognitiven oder emotionalen Interventionen erreicht werden können, sondern zuerst durch das Regulieren des Nervensystems in einen Zustand gebracht werden müssen, in dem sie überhaupt aufnahmefähig sind.
Sein 4R-Ansatz wurde besonders in der Traumatherapie und Pädiatrie eingesetzt, hat aber inzwischen auch in anderen therapeutischen Kontexten Anwendung gefunden, insbesondere bei Themen wie frühkindlichen Reflexen, Bindungs-verhalten und emotionaler Entwicklung.
Die 4R in der Kindertherapie – Frühkindliche Reflexe, v.a. Furcht-Lähmungs-Reflex und Moro-Reflex verstehen und in gesunder Beziehung begleiten
In der ganzheitlichen Kindertherapie spielt die Arbeit mit frühkindlichen Reflexen eine zentrale Rolle. Reflexe wie der Furcht-Lähmungs-Reflex und der Moro-Reflex sind tief in unserem Nervensystem verankert und beeinflussen unser Verhalten und unsere Stressverarbeitung. Wenn sie nicht vollständig integriert sind, können sie auch im späteren Leben zu Herausforderungen wie Ängsten, Konzentrationsproblemen und emotionaler Instabilität, sowie Meltdowns führen. Hier kommen die 4R ins Spiel: Regulate, Relate, Reflect, Repair.
1. Regulate – Regulieren
Der erste Schritt in der Arbeit mit den Reflexen ist die Regulation des Nervensystems. Ein überaktiver Furcht-Lähmungs-Reflex kann dazu führen, dass Kinder in Stresssituationen schnell „erstarren“. Hier setzen wir an, um den Körper und das Nervensystem zu beruhigen und in einen entspannten Zustand zu versetzen. Dadurch kann das Kind lernen, seine Reaktionen auf Stress besser zu kontrollieren. Die Regulierung kann auf vielerlei Weise geschehen. Braucht das Kind Raum, um sich zu regulieren? Möchte es Nähe? Auch gezielte Atemtechniken, schaukeln oder Trampolin springen könnten z.B. zur Regulierung dienen.
Bei einem überaktiven Moro-Reflex kommt es entweder ebenfalls zu einem “Erstarren” oder Rückzug (Moro Phase 1) oder zu einer Abwehr-Reaktion (Moro Phase 2). Die Abwehr-Reaktion kann sich hier z.B. in Schreien äußern, bisweilen zeigen die Kinder auch physische Abwehrreaktionen, wie hauen oder Dinge werfen. Auch kann die Abwehr-Reaktion aussehen, wie ein Wutanfall. In letzterem Fall können wir die Kinder regulieren, indem wir ihnen Raum geben, ihre Gefühle in einem sicheren Rahmen auszudrücken, z.B. indem wir einfach zuhören, zerbrechliche oder gefährliche Gegenstände aus dem Weg räumen, oder ein Kissen anbieten, um darauf zu schlagen.
2. Relate – Beziehung aufbauen
Der nächste Schritt ist die Beziehung – ein Kind muss sich sicher und geborgen fühlen, um sich wieder zu öffnen und neue Erfahrungen verarbeiten zu können. Wir können in diesem Schritt beginnen, verbal zu begleiten, zum Beispiel ein erstes Anerkennen der Gefühle verbalisieren: “Du bist nicht einverstanden mit X, macht es dich wütend?” oder “Das hat dir jetzt Angst gemacht, was kann dich jetzt trösten / dich beruhigen?”. “Magst du erstmal eine gemütliche Decke / ein Kuscheltier und eine heiße Schokolade, um dich wieder zu beruhigen?” Eine sichere Bindung und vertrauensvolle Umgebung ermöglichen es dem Kind, in schwierigen Momenten Hilfe anzunehmen und Vertrauen zu entwickeln.
3. Reflect – Reflektieren
Durch Reflexion lernen Kinder, ihre eigenen Gefühle und Reaktionen besser zu verstehen. Hier unterstützen wir das Kind dabei, die Verbindung zwischen körperlichen Reaktionen und Emotionen zu erkennen – beispielsweise, warum es in bestimmten Situationen Angst verspürt oder sich zurückzieht. Diese Einsicht hilft dem Kind, bewusstere Entscheidungen zu treffen und nicht nur auf automatisierte Reflexe zu reagieren.
Wir fragen: “Du hast eine starke Reaktion gehabt, was ist da eigentlich genau bei dir passiert? Was hat dir solche Angst gemacht?” bzw. “Was hat dich so wütend gemacht?” “Wie hat sich das in deinem Körper angefühlt?”
4. Repair – Reparieren und integrieren
Der letzte Schritt ist das Reparieren und Integrieren. Hierbei geht es darum, die Reflexe dauerhaft zu integrieren, damit sie im Alltag keine hinderlichen Reaktionen mehr auslösen. Mit gezielten Übungen und Therapieansätzen werden der Furcht-Lähmungs- und der Moro-Reflex schrittweise abgebaut, sodass das Kind zunehmend selbstbestimmt agieren kann.
Wir können diese Phase begleiten durch Fragen wie: “Wie könntest du beim nächsten Mal, wenn das passiert, noch besser reagieren?” / “Wie könntest du dich regulieren, wenn wieder eine Reaktion auftritt?” / “Wie wäre es, wenn du mir nächstes Mal ein Handzeichen gibst, wenn du merkst, dass sich eine Reaktion anbahnt.” / “Was brauchst du von mir, wenn noch einmal so eine Reaktion auftritt? / “Schau mal, ich zeige dir eine Atemübung, die du machen kannst, wenn du merkst, dass die Angst in dir aufsteigt.” Natürlich kann es mitunter auch notwendig sein, entstandenen physischen Schaden zu reparieren, der z.B. bei einem Meltdown durch Zerstörung von Gegenständen entstanden ist. Oder sich bei einem Menschen zu entschuldigen, der durch Worte, die während des Meltdowns gesagt wurden, verletzt wurde.
Diese 4 Schritte bieten eine wertvolle Grundlage, um tief verankerte Reaktionen zu lösen und Kindern zu helfen, ihre Emotionen und Handlungen besser zu regulieren.
Zusätzlich können wir energetisch an den frühkindlichen Reflexen arbeiten - zum Beispiel durch die in meiner Fachweiterbildung vermittelten Techniken, bei denen wir sanfte Vibrationstherapie mit therapeutischen Stimmgabeln einsetzen. Oder bei der Quantum Reflex Integration, einer sehr effektiven Kaltlicht-Lasertherapie, die gezielt zur Integration der frühkindlichen Reflexe entwickelt wurde.
Ebenfalls helfen die 4Rs dabei, Kinder mit Verweigerungsverhalten (PDA) zu begleiten.
Lies gerne weitere meiner Artikel zum Thema:
> Reflexintegration
> Wenn Kinder sich verweigern - "PDA" aus ganzheitlicher Sicht